Historischer Werdegang der Freiherren von Wolff in Groß-Livland

Luth., orth. und kath.-Ratsgeschlecht von Sagan aus Niederschlesien stammendes, im Fstt. Sagan landgesessenes Geschlecht, das 1427 zuerst auftritt.

Gleichen Wappens mit einem 1427-1572 zw. Priebus und Sagan ansässigen Geschlecht gleichen Namens auf Hausdorf, Wolfsdorf und Klein-Selden.

Die sichere Stammreihe beginnt mit Hans Wolff, 1515 Bürger und 1520 Ratshr in Sagan; mit Sigismund Adam Wolff, *Sagan 15.10.1646, † 25.02.1720, 1671 Sekr. des Niederen Gerichts und Advokat, 1677 Ratssekretär, 1687 Ratshr, 1704 Justizbürgermeister von Narva, erscheint das Geschlecht im Baltikum.

Anerkennung des Barontitels am 15.2.1857 durch Senats Ukas für das Gesamtgeschlecht. Reichsfreiherrnstand mit "Wohlgeboren" seit 22.9.1747.

Priebus & Sagan, Niederschlesien

Die Geschichte Schlesiens ist auch die Geschichte der Kämpfe der Fürsten untereinander und mit den mächtigen Nachbarn, zwischen Stadt und Land, zwischen Ständen einerseits und den Fürsten und der Krone andererseits, später der Kampf um die Konfessionsfreiheit.

Wann der Zweig der Familie Wolff einwanderte und im Fürstentum Sagan sich niedergelassen hat, lässt sich nicht feststellen. Auch fehlt eine prüfbare Dokumentation über die genaue Geschichte der Familie Wolff vor der Zeit in Sagan, jedoch bestehen historische Erwähnungen der Familie Wolff die auf eine sehr viel ältere Abstammung zurückführen lässt.

Erstmalige Erwähnung eines Mitgliedes der Familie ist von 1427, dort soll zur Zeit des Friedens Heinrich Wolff zu Hausdorf und seinen armen Leuten all ihr Vieh genommen worden sein.

1450 wurde das Herzogtum Sagan zwischen den drei Brüdern aufgeteilt, die aber über die Teilung bald im Streit lagen. Die Schlichtung würde 1452 der Stadt Görlitz übertragen , wobei 11 Saganer Edelleute zu den Unterhändlern ernannt wurden, unter ihnen Jorge Wolff auf Wolfsdorf.

1463 wird Hans Wolff zum Hauptmann von Sagan ernannt und von Herzog Hans als „unser lieber getreuer“ genannt. Zwischen 1463 und 1465 wird Hans Wolff häufiger als Zeuge bei Verkäufen erwähnt und 1474 erscheint er als Vertrauensmann des Herzogs in einer gerichtlichen Auseinandersetzung.

Als Balthasar von Sagan 1466 einen Bann gegen seinen Bruder Hans von Sagan erwirbt, kann er diesen 1463 aus Sagan vertreiben. Hans von Sagan eroberte aber bereits 1464 Sagan zurück. Als Papst Paul II 1466 die Anhänger Podiebrads in den Bann tat, wandte sich Herzog Heinrich von Freistadt und die Görlitzer gegen diesen und seinen Anhänger Herzog Hans. 1467 erließ darauf hin Herzog Hans einen Fehdebrief an die sechs Städte: Bautzen, Görlitz, Zittau, Lauban, Kamenz und Löbau. Unter den zweiundsechzig Saganer Edelleuten, die den Fehdebrief mitunterschrieben, waren auch Jorge Wolff, Hans Wolff und Caspar Wolff.

1474 erteilten die Herzöge Jorge Wolff einen Lehnbrief über Hausdorf, Wolfsdorf und Klein-Selten „mit allen Gnaden, Rechten, obersten und niedersten Gerichten“. Für diese Lehne hatte Jorge Wolff nach dem Verzeichnis der Ritterdienste von 1480 zu leisten: 1 Pferd, 1 Wagen, 6 Fussknechte.

1543 bestätigte Kurfürst Moritz von Sachsen den Nachkommen von Jorge Wolff die Güter. Auch nach dem Übergang von Sagan von 1553 an den Kurfürsten von Brandenburg, werden die Güter 1558 nochmals bestätigt. 1572 folgte aber das Ende der Wolffschen Besitzungen in Schlesien aufgrund von Unstimmigkeiten mit dem Bischof Balthasar von Breslau. Aus den Erlösen der Güter ließen sich die Wolffs in der Stadt Sagan nieder.

1403 wird Nickel Wolff als Bürgermeister von Sagan genannt, es fehlt jedoch der Nachweis dafür, dass er zu den Ahnherren der Familie gehörte.

Im 16. und 17. Jahrhundert waren die Geschicke der Familie eng mit der der Stadt Sagan verbunden. In seiner 1601 im Druck erschienenen Chronica der Fürstentümer Sagan, Priebus und Naumburg berichtet der Autor: „die fürnemisten alten Geschlechter in der Stadt Sagan sind die Neumanne. … Darnach die …, Wölffe und andere mehr.“
Sagan erlebte eine wirtschaftliche Blüte bis zum 30-jährigen Krieg. Das fast ganz protestantische Herzogtum Sagan schloss sich der Gegenreform an und stellte 1500 Soldaten. Nach der Niederlage am Weißen Berge wurde die Stadt gezwungen dem Kaiser Ferdinand zu huldigen und zur Strafe des Abfalls wurde ein Teil des Wallensteinschen Heeres ins Herzogtum gelegt, dass beim Abzug Kontributionen verlangte. 1627 verkaufte der Kaiser Sagan an Wallenstein, der sich 1638 damit belehnen ließ.

Trotz der Kriegszeiten, konnte sich doch Adam Wolff III seinen Sohn Sigismund Adam studieren lassen und nachdem er seinem Sohn Sigismund Adam nach Narva folgte, 1681 den in Sagan verbleibenden Kindern ein nicht unbeachtliches Vermögen zu verteilen.

Die Wolffs waren vom ersten Augenblick der Reformation an Anhänger dieser Kirche geworden. Hans II Wolff hatte seinerzeit von Herzog Heinrich die Überweisung der Barfüßerkirche an die Protestanten erwirkt. Seine Nachkommen blieben diesem Bekenntnis treu. Das Edikt von 1668 traf sie hart.

Hansestadt Narva

Aufgrund der schwierigen Verhältnisse für die Protestanten in Sagan, verließ 1669 Sigismund Adam Wolff, der Stammvater des Geschlechtes in Livland und Südrussland, Sagan um über Danzig nach Schweden und von dort nach Narva zu gelangen.

Die Stadt Narva war 1581 nach 23-jähriger russischer Occupation Teil des Schwedischen Reiches geworden, wurde aber 1581 von den Weißen Moskowiter wieder zurück erobert. Durch den Frieden von Olivia 1660 die ab 1676 die Gestattung für Russen sich auch im Handwerk in Narva zu betätigen und dem Handel mit der Hanse, brachten Narva neuen Wohlstand.

Durch den Burggrafen von Narva, Jürgen Tunder, aufgefordert, sich in Narva niederzulassen, nahm Sigismund Adam Wolff das Angebot an, war er doch aus seiner Heimat gezogen und sich und eventuell den Seinigen eine neue Existenz zu gründen.

Sigismund Adam Wolff wurde zunächst Präceptor der Kinder des Bürgermeisters Lorenz Nummens von Narva, der zu den bedeudensten und zugleich reichsten Bürger Narvas gehörte. 1671 heiratete er eine Nichte des Bürgermeisters, somit fand Sigismund Adam Wolff die Aufnahme in den engeren Kreis des städtischen Patriziats. Im selben Jahr wurde er Sekretär des Niedergerichts, 1677 Ratssekretär, 1687 Ratsherr und 1704 Justizbürgermeister. So verknüpfte sich sein Geschick aufs engste mit der Stadt Narva.

Sigismund Adam Wolff betrieb sehr erfolgreich neben seinen offiziellen Funktionen als Ratsherr zusammen mit seinem Vetter Kehrwieder ein Handelsgeschäft mit der Deutschen Hanse und war an mehreren Gutshöfen in Estland Pfandherr. Die Hanse und damit die hauptsächlich deutschen Kauflaute aus Lübeck, Hamburg, Rostock, etc. prägten das Handelsgeschäft sehr.

1704 wurde die Stadt Narva nach längerer Belagerung und Beschuss durch Peter den Großen persönlich eingenommen. Sigismund Adam Wolff verlor bei den Angriffen zwei seiner Kinder. Sigismund Adam wohnte seit 1684 in der Burggasse in Narva.


Nach zwei Tagen Plünderung durch die Russen griff Peter der Große persönlich ein und beendete das Blutvergießen und garantierte den Einwohnern von Narva den weiteren Besitz ihrer Häuser und forderte sie zur Huldigung auf.

Mit dem neuen Regime sich abzufinden wurde Aufgabe von Sigismund Adam Wolff. Nach Beendigung des Huldigungseid, wurde Sigismund Adam Wolff als ältester Ratsverwandter noch 1704 im Namen Ihrer Zarischen Majestät zum Justizbürgermeister verordnet und die Bürgerschaft ermahnt, demselben alle gebührende Ehre und Respekt zu erweisen. Zur gleichen Zeit wurde dessen gleichnamiger ältester Sohn zum Gerichtsvogt bestellt.

In den darauf folgenden Jahren weilte Peter der Große mehrmals in Narva, wo ihm eine persönliche Freundschaft zu Sigismund Adam Wolff nachgesagt wurde. 1708 folgte allerdings die Bekanntmachung, dass alle Bürger Narvas, die zur schwedischen Zeit in Narva gewesen sein, nach Russland deportiert werden sollten. Die Aussiedlung von 1.700 Einwohnern Narvas nach Wologda erfolgte 1708, die auch Sigismund Adam Wolff und seinen Sohn betraf.

Nachdem die Eroberung Livlands durch Peter den Großen beendet war, reiste 1710 der Bürgermeister von Narva an den Hof mit der Bitte, die Aussiedler wieder zurück holen zu dürfen. Dieser Bitte wurde erst 1714 entsprochen.

Ebenfalls 1714 schloss Peter der Große einen Vertrag mit der Döptschen Ritterschaft, wo er dieser die Verwaltung und Administration des Kreises überließ, mit dem Rechte, alle Beamten und Richter zu wählen. Die deutsche Übersetzung dieses Vertrages wird durch die eigenhändige Unterschrift Sigismund Adam Wolff als richtig bestätigt.

1715 erfolgte die Benennung von Sigismund Adam Wolff zum Ritterschaftssekretär der Ritterschaft des Dörptschen Kreises. 1718 bat er in Ansehung seines Alters um seine Demission, die aber abgelehnt wurde, so dass er das Amt bis 1720 begleitete. Im selben Jahr verstarb der Stammvater der livländischen und russischen Wolffs an einem Schlaganfall mit einer Lähmung.

Sein Sohn Sigismund Adam Wolff, war seinem Vater nach Dorpat gefolgt, und fungierte seit 1715 als Assessor für sämtliche Beamte, dem Ordnungsgericht, der Vormundschaftsbehörde und der Polizeibehörde. Im Jahre 1718 erklärte er allerdings nach Sankt Petersburg gehen zu wollen.

Nachwort zum Stammvater Sigismund Adam Wolff

„Die Bearbeitung aller die Ritterschaft angehenden Fragen, „…“ die Beratung derselben in allen Rechtsfragen, die Führung der Landtagsprotokolle und die Unterzeichnung derselben, gemeinsam mit dem Landmarschall, gehörte zu den Obliegenheiten des Ritterschaftssekretärs. Dass diese Aufgabe Sigismund Adam Wolff zufiel, kann als ein würdiger Abschluss seines Lebens angesehen werden, in dem er, wie seine Grabrede sagt, ein fleißiger Mann gewesen, große Arbeit verrichtet und dabei seiner nicht verschonet habe.“

Sankt Petersburg

Bereits 1718 erklärte der Sohn Sigismund Adam Wolff, er wolle nach Sankt Petersburg gehen, von dort hatte er eine Berufung als Rat in das Reichsjustizkollegium erhalten, welche von Peter der Große als Teil seiner umfassenden Reform des russischen Staatswesens neu organisiert worden war.

Peter der Große hatte sich bereits 1704 von Sigismund Adam Wolff beeindruckt gezeigt und selbigen zum Narvaschen Gerichtsvogt ernannt. Peter der Große war von den Deutsch-Balten und der für damalige Verhältnisse sehr fortschrittlichen Verwaltung der Ritterschaften und deren Geschick für Struktur, Organisation und insbesondere der Unbestechlichkeit sehr beeindruckt, so dass er mit Sigismund Adam Wolff noch weitere Deutsch-Balten in verschiedene Kollegien berief. Sigismund Adam machte sich „fleißig“ daran den neuen Behörden Struktur zu geben und achtete dabei besonders auf die Auswahl der Beamten.

Schon bald wurde Sigismund Adam Wolff zum Vice-Präsidenten ernannt und damit zum zweit wichtigsten Ratsmitglied. Im Jahre 1725 fand seine außerordentliche Leistungen für das Russische Reich Anerkennung und man verlieh im die Güter Lusitfer, Kurrista, Kalliküll und Tappik in Livland. 1726 wurde Sigismund Adam Wolff in die Livländische Ritterschaft aufgenommen. 1729 erfolgte die Aufnahme in die estnische Adelsmatrikel, durch Diplom im Jahre 1747 wurde er in den Stand eines des Heiligen Römischen Reiches „Pannier- und Freyherrn“ erhoben.

Ein besonderer Verdienst von Sigismund Adam Wolff war, dass er es geschafft hatte, das die estl.- und livländischen Gerichte und Revisionsinstanzen in deutscher Sprache verhandelt wurden, auch dass estl.- und livländische Belange in einem dem Justizministerium direkt untergeordneten Sonderministerium verhandelt wurden. 1735 wurden die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten ausdrücklich dem Sonderministerium untergeordnet. Es folgten noch weitere Sonderprivilege für Estland und Livland.

Sigismund Adam Wolff lies seinen Bruder Jacob Wolff nach Sankt Petersburg nachkommen, der schon früh durch Handel zu einem großen Vermögen gekommen war und sogar in den Memoiren Poniatowskis, den Briefen des Grafen Woronzoff, den Alten des Cabinets der Kaiserin erwähnt wird. Sein Landhaus und seine Gärten am Wege zwischen Strelna und Petershof, ein zweites Landhaus an der großen Newka in Sankt Petersburg zeichneten sich durch Größe, Schönheit und sorgfältige Pflege der Gartenanlagen aus. Noch heute heißen die beiden Straßen, die zum Eingang dieses Landhauses am Flusse führten, die große und die kleine Wulffstraße. 1748 erfolgte die Erhebung in das Heilige Römische Reichs „Pannier- und Reichsfreiherrnstand“.

Durch die Verleihung der im Oberpahlschen Kirchspiel gelegene Güter an Sigismund Adam Wolff wurde das engere Livland zur Heimat seiner Nachkommen. Sie widmeten sich ihren Gütern und dem Landesdienst. Mehr als ein Jahrhundert lang findet sich unter diesen Nachkommen keiner der den Staatsdienst nicht zu seiner Lebensaufgabe machte.

Ende des 19. Jahrhunderts erscheinen weitere Mitglieder der Familie in Petersburg:

Otto Wolff war Generalleutnant und dem Kriegsminister zu besonderen Aufträgen attachiert, der ihn mit Revisionen betraute, für die er durch seine Gradlinigkeit und Unbestechlichkeit bei großer Herzensgüte besonders geeignet war.

Paul Wolff, Oberst der „Garde-á-cheval“ wurde Beamter zu besonderen Aufträgen beim Hofminister.

Friedrich Wolff, Oberst de Kürassiere des Kaisers, wurde Adjutant des Oberkommandierenden im Weltkrieg 1914/1918 des Großfürsten Nicolai Nicolaijewitch.

Arist Wolff arbeitete von 1895 bis 1905 in der Kanzlei des Ministers des Auswärtigen, der Zentralbehörde des Auswärtigen Amtes.

Boris Wolff, war von 1879 bis 1892 Kabinettssekretär der Königin Olga von Württemberg, Großfürstin von Russland. Von 1908 bis 1910 im persönlichen Dienst der Königin Olga, verantwortlich für alle gemeinnützigen und wohltätigen Zwecken in Württemberg, dazu gehörten bspw. das Olgastift in Stuttgart, Hospitäler und Kinderheime.

Nicolas Wolff verwaltete als Beamter einer Kanzlei der Kaiserin Alexandra 1895 bis 1900 das Vermögen der Kaiserin und der Kaiserlichen Kinder und betreute die persönlichen Ausgaben des Kaisers. Im Jahre 1900 übernahm Nicolas Wolff die Leitung der Kaiserlichen Manufakturen, die er bis 1912 führte. Von 1912 bis 1917 war Nicolas Wolff in der IV. Reichsduma als Vertreter der Großgrundbesitzer Livlands tätig. Die Sitzungsprotokolle der Duma für die Jahre 1913/1914 enthalten in Verbindung mit Referaten den Namen von Nicolas Wolff häufiger als des einen anderen Dumamitglieds.

Universität Dorpat

Die Livländische Ritterschaft hat der Bildungspflege immer ihr intensives Interesse gewidmet. So beschloss der Landtag von 1737 die Errichtung von Volksschulen für obligatorisch. Das gleiche Interesse bewies der Landtag der Errichtung einer Landesuniversität. Die 1632 von Gustav Adolf in Dorpat gegründete Universität war fortlaufend in ihrer Existenz bedroht. 1653 wurde die Universität bei der Livländische Ritterschaft vorstellig und forderte die Erhaltung und finanzielle Unterstützung ein. 1665 holte die schwedische Regierung ein Gutachten wegen der Universität ein, die 1656 praktisch zu bestehen aufgehört hatte. 1687 ergriff die Livländische Ritterschaft die Initiative und legte dem König Karl XI die Wiedereröffnung der Universität ans Herz mit dem Erfolg, dass die Universität 1690 wieder eröffnete. Die Livländische Ritterschaft übernahm die Patronatsfunktion für die Universität Dorpat bis zur Kapitulation 1710. Erst 1798 erfolgte auf vorsprechen der Livländischen Ritterschaft ein Dekret Kaiser Pauls I, welches die Gründung einer baltischen Landesuniversität befahl.

Am 24.02.1802 wurde die Universität Dorpat eröffnet und in § 7 der Gründungsurkunde bestimmt, dass die Universität als Institution der Livländischen Ritterschaft gedacht war, sich aber zunehmend von dieser befreite.

Für die Familie Wolff wurde die Universität Dorpat ein Anziehungspunkt. Außer den 26 Mitglieder der Familie, die in die „Corporation Livonia“ aufgenommen wurden, haben noch folgende 14 Angehörige in Dorpat studiert:

1813 - 1814      Heinrich Wolff
1821 - 1824     Gottlieb Wolff
1829 - 1830     Rudolf Wolff
1830                   Sigismund Wolff
1835                   Leonhard Wolff
1843 - 1844     Paul Wolff
1846 - 1854     Ferdinand Wolff
1849 - 1853     Boris Wolff
1853 - 1855      Ludwig Wolff
1868 - 1869     Arel Wolff
1874 - 1876     Paul Wolff
1979 - 1884     Richard Wolff
1881 - 1882     Joseph Wolff
1885                  Maximilian Wolff

„Corporation Livonia“ zu Dorpat

Die Corporation war eine Studentenverbindung, die am 20. September 1822 an der Universität Dorpat gegründet wurde. In der Corporation sammelten sich die Landsleute Livlands, deren starke Standesunterschiede sich innerhalb des Aktivenlebens aufhoben. Der Wahlspruch der Livonia war: „Es bleibe beim Alten!“

1939 suspendierte die Corporation in Dorpat, als die Balten anlässlich des Hitler-Stalin-Paktes umgesiedelt wurden. Ein großer Teil der Brüder der Livonia fielen in den Jahren 1917 bis 1920 und im Zweiten Weltkrieg, im Widerstand gegen den Bolschewismus und für die Freiheit Livlands und Estlands.

Der Philisterverband der Livonia löste sich 1997 auf, das letzte der ehemals über 1600 Mitglieder verstarb am 13. Oktober 2007.


Bekannte Mitglieder der Livonia (Auswahl):

 Gustav von Bunge (1844-1920), Arzt und Physiologe in Basel, wesentliches Mitglied der Abstinenzbewegung
 Gustav Heinrich Kirchenpauer (1808-1887), Jurist, Erster Bürgermeister von Hamburg
 Walter von Engelhardt (1864-1940), Gartenarchitekt, Direktor des städtischen Gartenamtes Düsseldorf
 Axel Freiherr von Freytagh-Loringhoven (1878-1942), Jurist, Reichstagsabgeordneter
 Adolf von Harnack (1851-1930), Theologe, Rektor der Uni Marburg und der kgl. Preußischen Staatsbibliothek
 Friedrich Hollmann (1833-1900) [1], Generalsuperintendent von Livland, Dichter des Farbenliedes der Livonia.
 Jakob Hurt (1839-1907), Pfarrer, Gründer des estnischen Nationalmuseums
 Erhard Kroeger (1905-1987), Kommandeur des Einsatzkommando 6, 1935 aus der Corporation aufgrund einer Ehrenangelegenheit ausgeschlossen.[2]
 Walter Masing (1915-2004), Physiker, Gründungspräsident der Deutsche Gesellschaft für Qualität
 Siegfried von Vegesack (1888-1974), Übersetzer und Schriftsteller

Aus der Familie der Freiherren von Wolff waren am aktiven studentischen Leben der Livonia beteiligt:

1837 – 1839    Bernhard Wolff
1840 – 1842    Max Wolff
1843 – 1846    Gottlieb Wolff
1844 – 1847    Richard Wolff
1846 – 1850    Alexander Wolff
1848 – 1853    Ernst Wolff
1861 – 1862    Heinrich Wolff
1871                   Boris Wolff
1873 – 1877    Conrad Wolff
1874 – 1877    James Wolff
1876 – 1878    Haarn Wolff
1877 – 1878    Gaston Wolff
1879 – 1883    Arved Wolff
1879 – 1883    Arist Wolff
1879 – 1884    Friedrich Wolff
1882 – 1886    Emil Wolff
1884 – 1888    René Wolff
1885 – 1886    Leon Wolff
1885 – 1888    Otto Wolff
1885 – 1889    Nicolas Wolff
1887 – 1891    Joseph Wolff
1892 – 1893    Werner Wolff
1900 – 1901    Kurt Wolff
1907 – 1910    Egon Wolff
1907 – 1911     Sigismund Wolff
1907 – 1909    Ralph Wolff


Die "Livländische Adelige Güterkreditsozietät"

Aus den Erfahrungen des Revolutionsjahr 1789 wurde beim livländischen Adel die Frage aufgeworfen einer auf gegenseitiger Haftung des Großgrundbesitzes beruhenden Kreditsozietät zu schaffen. Gegründet wurde die Sozietät nach dem Beispiel der preußischen Kreditanstalt.

Der umfangreiche Grundbesitz der Familie hatte zur Folge, dass man ein dauerndes Interesse an der Entwicklung der Kreditsozietät hatte und an der Lösung ihrer Hauptaufgaben: "Konsolidierung des ländlichen Großgrundbesitzes, Schaffung eines lebensfähigem bäuerlichen Besitzes. "

Als Oberdirektionsräte wirkten aus der Familie an der Entwicklung der Kreditsozietät mit:

1818 - 1821    Adam Sigismund Wolff
1857 - 1859    Max Wolff
1875 - 1883    Ludwig Wolff
1883 - 1895    Paul Wolff
1901 - 1920    Arved Wolff

Die "Kaiserliche Livländische Gemeinnützige und Ökonomische Sozietät"

1765 wurde in St. Petersburg von der Kaiserin Katharina II die "Freie Ökonomische Sozietät" gegründet, deren Mitglied die Kaiser war und auch persönlich an Sitzungen der Sozietät beiwohnte. Friedrich Wolff gehörte der Sozität von Gründung an und machte sich im folgenden um diese verdient.

1792 wurde die "Livländische Gemeinnützige und Ökonomische Sozietät" gegründet, der in der der Folge, am 14.03.1855, das Prädikat „Kaiserliche“ verliehen wurde. Die Zahl der Ehrenmitglieder war unbegrenzt, die Zahl der ordentlichen Mitglieder war auf 13 beschränkt. Dadurch war eine zielorientierte Arbeit gewährleistet und die Sozietät besaß eine besondere Anziehungskraft auf Kandidaten und genoss ein allgemeines hohes Ansehen.

Aus der Familie waren Ordentliche Mitglieder der Sozietät:

1800 - 1815    Johann Gottlieb II Wolff
1828 - 1838   Otto Wolff
1829 - 1851    Johann Gottlieb Wolff
1841 - 1856    Gottlieb Wolff
1858 - 1863    Bernhard Wolff
1863 - 1867    Ferdinand Wolff
1871 - 1897    Joseph Wolff
1902 - 1912    Joseph Wolff

Zu Ehrenmitgliedern wurden gewählt:

22.01.1851    Gottlieb Wolff
25.01.1851    Joseph Wolff
17.01.1856    Gottlieb Wolff
15.01.1867    Ferdinand Wolff
17.07.1874    Richard Wolff
18.10.1892    Alexander Wolff

1813 Verlegung des Sitz der Sozietät nach Dorpat. Die Sozietät wurde immer mehr zur nordlivländischen Interessenvertretung, was in der Folge zu einer gleich gestalteten gemeinnützigen und landwirtschaftlichen Gesellschaft in Südlivland führte.

Der Sozietät war maßgeblich an der landwirtschaftlichen Entwicklung Livlands beteiligt. Um die Ziele der Sozietät besser verfolgen zu können, initiierte die Sozietät bis 1903 insgesamt 29 Vereine. Darunter waren unter anderem:

1841    „Schafzüchterverein“
1844   „Livländische Verein zur Beförderung des Gewerbefleißes und der Landwirtschaft“ 1853    „Dorpater Naturforscherverein“
1859    Landwirtschaftliche „Verwalterschule“ bis 1916
1861    „Livländische Gegenseitige Feuerassecurranz“, die bis 1920 fortbestand
1867    „Baltische Forstverein“
1895    „Vereins zur Förderung livländischer Pferdezucht“
1897    Anlegung von metrologischen Stationen, di bis 1915 fortbestanden
1897    „Livländisch-estnische Büro für Landeskultur“
1900    Gründung eines Vermessungsbüro
1904    Gründung einer Wegebauabteilung
1907    Gründung des Forstbüro mit de Abteilung Waldverwertung
1912    Gründung der „Wirtschaftsberechnungsstelle und Buchführungszentrale“
1908    „Moorverein“

Die Sozietät initiierte aber auch die Fabrikation von glasierten Ziegeln, Dachschindeln, Flachsbrech- und Dreschmaschinen und Zemtfabrikation.

Ein verstärktes Interesse bewies die Familie jedoch an der Viehzucht und die damit in Verbindung stehenden Fragen.

Mit der zunehmenden Emanzipation der Bauern war es Aufgabe des Großgrundbesitzes den Bauern bei ihrer neu gewonnen Freiheit zu helfen. Die Familie nahm hierbei eine Vorreiterrolle ein und nutzte die Umstände zur Erschaffung von Kleinbetrieben und Manufakturen.

So wurde auf nachfolgenden „wolffschen“ Gütern die Wasserkraft ausgebaut zur Holz- und Wollbearbeitung: Alsweig, Dickeln, Korwenhof, Neu-Laitzen, Lettin, Lindenberg, Lindenhof, Lysohn, Mahlup, Metzküll, Paltemal, Rehsack, Schluckum, Alt-Schwanenburg, Stomersee, Suddenbach und Waldenrode.

Ziegelein wurden errichtet in Alswig, Dickeln, Finanden, Friedrichswalde, Ilsen, Kalnemoise, Groß-Rangern, Lindenberg, Lubahn, Lysohn, Mahlup, Metzküll, Meiran, Paltemal, Alt-Schwanenburg und Semershof.

Die Brandweinproduktion und Verwertung entstand auf den Gütern: Fianden, Ilsen, Kragenhof, Lindenhof, Lysohn, Mahlup, Alt-Schwanenburg, Semershof und Stomersee.
Die Familie der Freiherren von Wolff hatte Ausschanklizenzen für St. Petersburg (1847), Moskau, Kiew (1855) und die Moskauer Eisenbahn.

Verdienste für Livland und Estland

Es ist ein eigentümliches Schicksal der Wolffs, die 2,5 Jahrhunderte lang in ihrer früheren Heimat Sagan ununterbrochen um ihre Existenz unter den schwierigen politischen, konfessionellen und wirtschaftlichen Verhältnisse bangen mussten ihre neue Existenz in Livland und Estland so erfolgreich begründeten.

Ihr Herz und Können widmeten sie dem Aufbau ihrer neuen Heimat. Die Zahl der Familienmitglieder, die sich um das Land verdient gemacht hatten sind im Besonderen:

Landräte:
Johann Gottlieb Wolff II
Johann Gottlieb Wolff III
Richard Wolff
Friedrich Wolff
James Wolff
Nicolas Wolff
Joseph Wolff

Kreisdeputierte:
Otto Sigismund Wolff
Sigismund Adam Wolff
Heinrich Wolff
Gottlieb Wolff
Max Wolff
Viktor Wolff
Eduard Wolff
Manfred Wolff
Heinrich Wolff

Kassadedeputierte :
Max Wolff
Ferdinand Wolff

Ritterschaftssekretäre:
Johann Gottlieb I Wolff
Otto Sigismund Wolff

Ritterschaftsnotar:
Richard Wolff

Präsident des Konsistoriums:
Richard Wolff

Vice-Präsident des Hofgerichts:
Sigismund Adam III Wolff

Assessor des Hofgerichts:
Sigismund Adam Wolff

Räte der Livländischen Adligen Güterkreditsozietät:
Sigismund Adam Wolff
Max Wolff
Paul Wolff
Ludwig Wolff
Arved Wolff

Landrichter und 6 Assessoren des Landgerichts:
Johann Gottlieb III Wolff
Johann Gottlieb II Wolff
Sigismund Adam Wolff
Gottlieb Wolff
Gottlieb Wolff
James Wolff
Arthur Wolff

2 Kreisrichter und 6 Assessor des Kreisgerichts:
Sigismund Adam IV Wolff
Johann Gottlieb III Wolff
Richard Wolff

Ordnungsrichter und 2 Substitute und Adjunkte:
Friedrich Wolff
Arved Wolff
Gaston Wolff

Unter den übrigen Wolffs waren die meisten in Militärdiensten oder meist unentgeltlich in Kanzleien der Kreisgerichte, der Kreditsozietät, als Kirchspielrichter, Kirchenvorsteher, Kirchspielvorsteher und dergl.

Die Familie hatte an dem wirtschaftlichen Erfolg Livlands und der Entwicklung des ländlichen Raumes ganz maßgeblichen Anteil. Durch die familiäre Vernetzung der "Livländische Adelige Güterkreditsozietät" mit der "Kaiserliche Livländische Gemeinnützige und Ökonomische Sozietät" und ihrem Einfluss in die Livländischen Ritterschaft konnten wichtige Entscheidungen herbeigeführt und Reformen durchgesetzt werden.

Quellen: siehe Impressum